Bundesfinanzministerium ermöglicht Sachspenden ohne umsatzsteuerliche Nachteile

Die Umsatzsteuer ist innerhalb der Europäischen Union harmonisiert. Der deutsche Gesetzgeber ist daher an die Vorgaben aus Brüssel gebunden. Es ist generell nicht möglich, von den Regelungen in der Mehrwertsteuersystemrichtlinie abzuweichen. Diese sieht aber vor, dass eine unentgeltliche Zuwendung aus dem Unternehmensvermögen einer Lieferung gegen Entgelt gleichgestellt ist.

Sachspenden unterliegen daher als unentgeltliche Wertabgabe nach Paragraf 3 Absatz 1b des deutschen Umsatzsteuergesetzes der Umsatzsteuer. Vorausgesetzt, der später gespendete Gegenstand hat zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt. Die Umsatzbesteuerung dient der Kompensation des vorangegangenen Vorsteuerabzugs und verhindert einen systemwidrigen unversteuerten Letztverbrauch.

Die Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie sieht eigentlich keine Möglichkeit vor, bei Sachspenden aus einem Unternehmensvermögen aus Billigkeitsgründen von diesem Grundsatz abzuweichen. Das Bundesfinanzministerium hat jetzt aber eine pragmatische Lösung gefunden, die Unternehmen erlaubt, sich an Initiativen wie „Spenden statt vernichten“ ohne umsatzsteuerliche Nachteile zu beteiligen. Unter bestimmten Voraussetzungen ist es nämlich möglich, die Bemessungsgrundlage mit null Euro anzusetzen. Die unentgeltliche Wertabgabe ist dann zwar zu versteuern, so dass den Vorgaben der Union genügt wird. Es fällt aber keine Umsatzsteuer an.

Das Bundesfinanzministerium betont, dass auf diese Weise der mögliche Gestaltungsspielraum, den das Unionsrecht durch die Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie setzt, umfassend ausgeschöpft wird. Dies ermögliche Unternehmern eine rechtssichere umsatzsteuerliche Abwicklung von Sachspenden. Die Unsicherheiten bei der Ermittlung der Umsatzsteuer auf eine Sachspende, die bislang von den Unternehmern immer wieder als Grund für den Verzicht auf eine Spende genannt wurden, würden so vollumfänglich beseitigt.

Die neuen Grundsätze sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Sie gelten unabhängig von der Corona-Krise. Daneben gibt es aber eine Sonderreglung um in Zeiten von Corona Diskussionen in Bezug auf den Wert der gespendeten Sachen aus dem Weg zu gehen.

Billigkeitsregelung bei Sachspenden von Einzelhändlern an steuerbegünstigte Organisationen

Die Corona-Pandemie hat – so das Bundesfinanzministerium – hinsichtlich der umsatzsteuerlichen Spendenthematik zu einer einzigartigen Sondersituation geführt. Durch die Ausnahmesituation der Corona-Pandemie und der damit einhergehenden Beschränkungen (Lockdown) sei der Einzelhandel in besonderer Weise betroffen. Zwar erlaube es der Online-Handel auch den Einzelhändlern, ihre Waren trotz eines Lockdowns weiterhin zu verkaufen. Der typische Verkauf, der durch persönliche Beratung des Kunden und die Darbietung der Ware im Ladengeschäft gekennzeichnet ist, sei jedoch nicht möglich. Dadurch habe sich vor allem Saisonware in einmalig großen Mengen in den Lagern der Einzelhändler angestaut, die jetzt nur noch schwerlich abzusetzen ist.

Unter Berücksichtigung dieser „einzigartigen Belastung des Einzelhandels“ wird eine befristete Billigkeitsregelung für Sachspenden gewährt. Danach wird bei Waren, die von Einzelhändlern, die durch die Corona-Krise unmittelbar und nicht unerheblich negativ wirtschaftlich betroffen sind, an steuerbegünstigte Organisationen gespendet werden bzw. gespendet worden sind, auf die Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe verzichtet.

Diese Regelung gilt nur für Spenden zwischen dem 1. März 2020 und dem 31. Dezember 2021. Sie verhindert, dass Einzelhändler, die von der Corona-Krise betroffen sind und Gutes tun, umsatzsteuerlich belastet werden.

Ermittlung der umsatzsteuerlichen Bemessungsgrundlage bei Sachspenden

Unabhängig von der Corona-Krise sind die Ausführungen des Bundesfinanzministeriums zur Ermittlung der umsatzsteuerlichen Bemessungsgrundlage bei Sachspenden dauerhaft zu beachten.

Die Bemessungsgrundlage einer Sachspende bestimmt sich demnach nicht nach den ursprünglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten, sondern nach dem fiktiven Einkaufspreis im Zeitpunkt der Spende. Das gilt auch für im Unternehmen selbst hergestellte Gegenstände.

Bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage ist auch zu berücksichtigen, ob Gegenstände zum Zeitpunkt der unentgeltlichen Wertabgabe aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht mehr oder nur noch stark eingeschränkt verkehrsfähig sind.

Hiervon ist bei Lebensmitteln auszugehen, wenn diese kurz vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums stehen oder die Verkaufsfähigkeit als Frischware, wie Backwaren, Obst und Gemüse, wegen Mängeln nicht mehr gegeben ist.

Dies gilt auch für Non-Food-Artikel mit Mindesthaltbarkeitsdatum wie beispielsweise Kosmetika, Drogerieartikel, pharmazeutische Artikel, Tierfutter oder Bauchemieprodukte wie Silikon oder Beschichtungen sowie Blumen und andere verderbliche Waren.

Bei anderen Gegenständen ist die Verkehrsfähigkeit eingeschränkt, wenn diese aufgrund von erheblichen Material- oder Verpackungsfehlern (z. B. Befüllungsfehler, Falschetikettierung, beschädigte Retouren) oder fehlender Marktgängigkeit (z. B. Vorjahresware oder saisonale Ware wie Weihnachts- oder Osterartikel) nicht mehr oder nur noch schwer verkäuflich sind.

Werden solche Gegenstände im Rahmen einer unentgeltlichen Wertabgabe abgegeben (z.B. Hingabe als Spende), kann eine im Vergleich zu noch verkehrsfähiger Ware geminderte Bemessungsgrundlage angesetzt werden.

Tipp: Die Minderung ist im Umfang der Einschränkung der Verkehrsfähigkeit vorzunehmen, so dass bei wertloser Ware sogar der Ansatz einer Bemessungsgrundlage von null Euro in Betracht kommt. Zum Beispiel bei Lebensmittel und Non-Food-Artikel kurz vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums sowie bei Frischwaren, bei denen die Verkaufsfähigkeit nicht mehr gegeben ist.

Eine eingeschränkte Verkehrsfähigkeit soll nach dem Anwendungsschreiben des Bundesfinanzministeriums allerdings nicht vorliegen, wenn Neuware ohne jegliche Beeinträchtigung aus wirtschaftlichen oder logistischen Gründen aus dem Warenverkehr ausgesondert wird. Auch wenn diese Neuware ansonsten vernichtet werden würde, weil z. B. Verpackungen beschädigt sind, bei Bekleidung deutliche Spuren einer Anprobe erkennbar sind oder Ware verschmutzt ist, ohne dass sie beschädigt ist, führe dies nicht dazu, dass die Neuware ihre Verkaufsfähigkeit vollständig verliert. Auch in diesen Fällen ist ein fiktiver Einkaufspreis anhand objektiver Schätzungsunterlagen zu ermitteln.

Das Fazit lautet: Unabhängig von der aktuellen Ausnahmesituation bestimmt sich die Bemessungsgrundlage einer Sachspende nicht nach den ursprünglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten, sondern nach dem fiktiven Einkaufspreis im Zeitpunkt der Spende. Bei wertloser Ware können das auch null Euro sein.

Verkauf eines Gegenstandes weit unter dem ursprünglichen Einkaufspreis ist keine Sachspende

Keine Sachspende in diesem Sinne ist der Verkauf eines Gegenstandes weit unter dem ursprünglichen Einkaufspreis. Abgesehen von den Fällen einer Mindest-Bemessungsgrundlage (z. B. beim Verkauf an nahestehende Personen) ist hierfür kein fiktiver Einkaufspreis zu ermitteln. Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer ist das tatsächliche Entgelt.

Tipp: Es kann sich daher lohnen, Gegenstände nicht zu spenden, sondern zu einem niedrigen Preis an eine gemeinnützige Einrichtung zu verkaufen. Es darf sich aber nicht nur um einen symbolischen Kaufpreis handeln. Der erhaltene Verkaufspreis kann dann später gespendet werden. Diese Geldspende hat umsatzsteuerlich keine Konsequenzen.

Auswirkungen bei der Einkommensteuer beachten

Wird bei der Umsatzsteuer eine Bemessungsgrundlage von null Euro angenommen, hat dies auch Auswirkungen auf die Spendenbescheinigung. Die gemeinnützige Organisation, die die wertlosen Waren erhält, darf dann entsprechend keinen Wert ausweisen. Anders sieht es bei der Billigkeitsregelung aus. Hier kann durchaus eine Spendenbescheinigung ausgestellt werden.